Klaus Lomnitzer
Die Landschaften in Uta Weils Bildern sind nicht von dieser Welt. Annähernd schwerelos finden sich Farbschichten und -schwaden zu leichten und flüchtigen Momentaufnahmen auf dem Papier zusammen. Gleichzeitig beziehen sich die Bilder auf Gesehenes, Diesseitiges und zutiefst Irdisches: Häufig gibt es Wiedererkennbares und Vertrautes wie Horizonte oder auch beinahe naturalistisch anmutende Farbverläufe, die, wenn sich der Landschaftsanker in den Hirnfaltungen der Betrachtenden festgesetzt hat, neben der Schönheit und Wirksamkeit reiner Farbe nichts anderes als Landschaftliche Eindrücke vermitteln wollen. Narratives oder Illustratives findet sich genauso wenig wie klare Anhaltspunkte, wohin wir das fern wirkende Geschehen verorten könnten.
Wie sich also einem Werk nähern, das in sich geschlossen, quasi sich selbst genug und genau das nach außen eben manchmal auch ist. Formal betrachtet sind die Werke bis auf eine Gruppe figürlich-gegenständlicher Arbeiten hauptsächlich von unterschiedlichsten Landschaften inspiriert. Und selbst bei den Porträts und Figuren scheinen sich feinste Farbschlieren nur für einen flüchtigen Moment zu der Erscheinung eines Antlitzes zu versammeln. Aber so zart sie auf unterschiedlichste Untergründe gehaucht sind und dabei bei genauer Betrachtung erstaunlich deutliche Spuren von Pinseln und den Materialeigenschaften ihrer Farben hinterlassen, sind die Werke kaum da, so ephemer kommen sie daher. Die Farben, die sie verwendet sind so stark verdünnt, die Gestik der Pinselstriche sind so elegant transparent und beschwingt geraten, dass sie einen meist pastelligen Schleier über das Weiß des Malgrunds legen und sich einer Verortbarkeit entziehen. Für die Bilder selbst scheint es nicht wichtig, ob sie mithilfe Vorlagen entstanden oder aus der Erinnerung an die Eindrücke von den zahlreichen Reisen, die Uta Weil unternommen hat?
Uta Weil tanzt sicher auch auf Festen. Ganz sicher tut sie es aber mit dem Pinsel auf Papier und Leinwand. Es gibt ja unterschiedlichste Tänze als da wären rituelle Tänze, wie z.B. Regentänze. Das wird es nicht sein, denn auf Uta Weils Bildern regnet es nie, so wässrig sie auch gemalt sein mögen.
Vielleicht kommt man etwas weiter, wenn man sich vergegenwärtigt, was Uta Weils Bilder nicht sind. Keine Plakate mit Botschaften, keine wilden und explodierenden Farbgewitter trotz offensichtlicher Dynamiken in ihren Bildern. Wenn sie heiter scheinen, dann tun sie das nie ironisch und wenn sie melancholisch wirken, dann nie ins bodenlos Abgründige hinein. Ob die Bilder von einem romantischen Impetus geprägt sind, ist schwer zu sagen. Bleibt ein Wort schwebend vor dem geistigen Auge stehen: sanft. Uta Weils Bilder sind sehr sanft. Aber nicht watteweichgespültsanft, sondern sprödesanft mit hier und da kleinen rauhen Erinnerungen daran, dass wir es mit Material, auch mit gedanklich interessantem Material zu tun haben.
In der Intimität ihres Ateliers entstehen diese Bilder als Zeugnisse einer inneren Einkehr, die einen so erstrebenswerten Flow ermöglicht, an dem Uta Weil die geneigt Betrachtenden teilhaben lässt. Und dabei ist immer wieder zu beobachten, dass diese ungeheure Leichtigkeit manchmal schwer auszuhalten ist. Im Leben ist alles oft schwieriger. Und genau das vermag ihre Kunst: einen großen Abstand zwischen profanen, alltäglichen Geschehnissen und ihrer Malerei zu bringen. Und das, obwohl nichts an ihren Bildern nicht alltäglich sein könnte. Die Landschaften, auf die sie sich bezieht sind irgendwo existent. Natürlich anders als die Bilder, die eher als flüchtige Ahnung und atmosphärische Nachbilder von Landschaften funktionieren. Mit ihrer Malerei und ihrer Art, Welt wahrzunehmen, überhöht sie diese auf fast transzendente Weise. Es sind erlebte und bereiste Landschaften, aber auch entrückte Phantasmen.
Trotz der Selbstgenügsamkeit der Malereien Uta Weils sollten diese Werke gesehen und genossen werden, zahlreich in Gruppen und Reihen, oder vereinzelt an den unterschiedlichsten Wänden. Sie schaden nie, im Gegenteil, sie beglücken zutiefst mit Einsichten, die später, oft sehr viel später aus der Ferne kommen. Wir begegnen den Bildern vielleicht in einem Moment mit Fragen an die Atmosphären, die dort zu erahnen sind, und in anderen Momenten, vielleicht wenn es keine Erwartungen mehr gibt, passieren mit dem neuronalen Wetterleuchten die tollsten Dinge…
© 2014 Klaus Lomnitzer